Winterharte Kakteen in Deutschland

Winterharte Kakteen in Deutschland
Klaus Krätschmer

Die ersten „frostharten/winterharten“ Kakteen kamen wahrscheinlich in der Mitte des 19. Jahr­hunderts nach Mitteleuropa. Erst in den Jahren 1892 - 1905 wurden von Gartenoberinspektor J. A. Purpus (Botanischer Garten Darmstadt) viele neue frost- und winterharte Arten aus den südwestlichen USA gesammelt und hier im Rhein-Main-Gebiet getestet. Er veröffentlichte 1925 seine 23 Seiten umfassende Arbeit „Freiland-Kakteen“ in den „Mitteilungen der Deutschen Dendro­logischen Gesellschaft“ (Jahrbuch), S. 44 - 67. Hier publizierte er ca. 100 verschiedene Arten und Formen, über­wiegend Opuntien, aber auch Echinocereus und Escobaria (damals Mammillaria). Ein Teil dieser damaligen Formen gehört heute aufgrund züchterischer Tätigkeiten zu den wirklich Winterharten. Die meisten dieser damaligen Formen blieben aber nur bedingt winterhart oder frosthart, da zu krankheitsanfällig.

Als ich 1987 begann, mich für winterharte Kakteen zu interessieren, war in Sammlerkreisen weder die Publikation von J. A. Purpus 1925 bekannt noch gab es Kakteensammler mit frost- bzw. winterharten Kugelkakteen. Nur wenige Sammler oder Botanische Gärten hatten einige winterharte Platyopuntien. Die Arbeit von J. A. Purpus bekam ich leider erst ca. 10 Jahre später zu Gesicht. Den Insidern waren nur wenige Opuntien, ein paar Echinocereen und Escobaria vivipara bekannt, die ein gewisses Maß an „Winterhärte“ aufwiesen. Es wurden damals nur wenige Platyopuntien ohne winterlichen Nässeschutz im Freiland kultiviert. Bei den Kugelkakteen hielt man dies für unmöglich. Demzufolge sieht auch die Literatur zu diesem Thema bis heute erbärmlich aus.

Am Anfang meiner Zuchtversuche stand die Informationsbeschaffung über den Begriff „Winterhärte“. Was ist Winterhärte und wo gibt es winterharte Kakteen? Der erste Teil der Frage war schnell beantwortet. Bei Pflanzen in Deutschland bedeutet Winterhärte ca. -15°C bis -25°C, Schneeregen, klatschnasse Erde, Nebel, wenig Licht, Nieselregen knapp über 0°C, kurz gesagt sie müssen „Sauwetter“ aushalten können. Zu diesen Wetterunbilden kommt als weiteres die Anfälligkeit gegenüber Pilzerkrankungen bei kühler und feuchter Witterung. Dieses Problem haben ganz speziell Kakteen aus den Gebirgswüsten (1.000 bis 2.000 m) der südwestlichen USA (Arizonica, Nevada, Californien). Desweiteren müssen winterharte Pflanzen ein ausreichend stabiles und reissfestes Wurzelsystem aufweisen, damit bei gefrierender nasser Erde die Wurzeln nicht zerreißen. Dadurch können Pilze in die Pflanzen eindringen und sie abtöten oder die Pflanzen werden aus dem Boden herausgedrückt. Dies trifft speziell bei Kugelkakteen unter 25 mm Ø zu. Eine Kultur bei winterlichem Nässeschutz oder gar trockenem Erdsubstrat bezeichnet man als bedingt winterhart bzw. als frost­hart, aber nicht als winterhart.
Der zweite Teil der Frage „wo gibt es winterharte Kakteen“ war schon etwas schwieriger zu beantworten. Klimatisch kalte Gegenden mit Kakteen gibt es in Süd-Canada, dem größten Teil der USA bis in die Gebirgslagen von Nord-Mexico. Desweiteren in Süd-Chile bzw. Süd-Argentinien. Im Äquatorialbereich bei ca. 4.500 bis 5.500 m gibt es keine Winterhärte (Spezialklima: kaum Jahres­zeiten, ganzjährig Nachtfröste möglich).
Es stellte sich nun die Frage, welche der genannten Gegenden entsprechen ungefähr unseren deutschen Klimaverhältnissen. Nach Einsicht in den Klimaatlas von Nordamerika und dem deutschen Klimaatlas konnte ich mir ein erstes Bild über vergleichbare Gegenden machen. Eine der wichtigsten Karten ist die Januar-Isothermen-Karte. Diese bezieht sich bei ihrer Temperaturangabe immer auf das 0 m-Meeresspiegelniveau. Man kann deshalb errechnen, bei welcher Meereshöhe sich eine Durchschnittstemperatur wie in Deutschland befindet. Die Januar Ø-Temperatur in Deutschland liegt bei ca. +1°C (Weinanbaugebiete, Ruhrgebiet) bis ca. -2°C für die meisten anderen stark besiedelten Gebiete. Nur die höheren Lagen der Mittelgebirge und das Alpenvorland sind kälter. Eine zweite, sehr wichtige Karte ist die Niederschlagskarte. In Deutschland haben wir in den dichter besiedelten Gebieten des Tieflandes ca. 600 bis 800 mm Regen pro Jahr. Mittelgebirge oder die Alpen haben deutlich höhere Niederschlagsmengen von ca. 1.500 bis 3.000 mm.
Mit Deutschland ungefähr vergleichbare Klimagebiete mit Kakteen gibt es in Süd-Canada, bzw. in der nördlichen und östlichen USA. In der südwestlichen USA (Californien, Nevada, New Mexico, Arizona, Utah) gibt es geeignete Klimagebiete wegen der dortigen geringen Niederschlagsmengen von ca. 200 bis 400 mm Regen nur in Höhenlagen von ca. 2.000 m und darüber. Die -15°C Frost­verträglichkeitsgrenze liegt in diesen Gebieten weit darunter. Ebenfalls vergleichbare Klimagebiete gibt es in Patagonien (Süd-Chile, Süd-Argentinien). Frostharte Kakteen aus den zentralen Hoch-Anden von Nordargentinien, Bolivien und Peru aus Höhen von 4.000 bis 5.000 m können wegen einer genetischen Besonderheit nicht auf der Nordhalbkugel winterhart, bzw. frosthart gehalten werden.
1988 begann ich mit der ersten Versuchsreihe auf Winterhärte. Dabei benutzte ich fast aus­schließ­lich Samen von Kakteen aus den USA, da nur von dort ausreichende Mengen an Standort­saatgut erhältlich waren (Horst Künzler, Steven Brake, Christa Roberts, Fritz Hoch­stätter, Eberhard Lutz). Diese Anbieter hatten Fundort- und Meereshöhenangaben bzw. Frostverträglichkeits­angaben in ihren Saatgutlisten. Die dabei benutzten Mengen beliefen sich auf ca. 1.000 verschiedene Aussaaten à 10 K. bis 1.000 K., verteilt auf die Gattungen: Echinocereus, Escobaria, Pediocactus, Sclerocactus, Opuntia und weitere Gattungen. Die Ergebnisse waren zufriedenstellend. Nach 4 bis 6 Jahren blieben genügend Pflanzen der unterschiedlichsten Arten und Gattungen übrig, um mit diesen eine 2. Generation heranzuziehen. Von den zigtausen Jungpflanzen, die von mir herangezogen wurden, waren nur wenige hundert Pflanzen wirklich brauchbar. 95% aller Pflanzen starben während ihres Wachstums bis zur Blüte. Die Überlebenden wurden hybridisiert und weiter vermehrt, so dass heute eine relativ breite Arten und Formenpalette an winterharten Kugelkakteen existiert.
Die winterharten Ountien wurden dabei von mir nur nebenbei vermehrt. Die meisten Platyopuntien, auch die, die schon seit 100 Jahren in Deutschland kultiviert werden, erwiesen sich als pilzanfällig (Fusarium) oder blühfaul. Platyopuntien scheinen überhaupt nur eine kurze Lebenserwartung von max. 20 Jahren zu besitzen. Bis dahin haben sie sich ausreichend durch Samen vermehrt.

Winterhärte
Dieser Begriff definiert sich immer für das jeweilige Landschaftsgebiet, z.B. Weinbauklima von Süd-Deutschland. Dazu zählen auch Südseiten an Hauswänden in anderen Gegenden Deutschlands. Winterharte Kakteen können in fast allen teilen Deutschlands als bedingt winterhart kultiviert werden. Nur die Überdachung kann von zwei Monaten Dez. – Jan. (Gegenden mit Getreide- und Obstanbau) bis vier Monaten Nov. – Febr. (höhere Lagen der Mittelgebirge, Alpenvorland, Küstenbereiche von Nord-Deutschland) variieren. Je nach Sauwetter (jährl. Niederschlag) und Wohn­gegend.
winterhart: frei ausgepflanzt ohne Regenschutz im Winter bei Weinbauklima. 500 – 700 mm Jahres­nieder­schlag und bis -20°C, einige Arten bis -30°C.
bedingt winterhart: frei ausgepflanzt mit winterlichem Regenschutz, seitlich offenes, durchsichtiges Regen­dach. Frostverträglichkeit bis -20°C.
frosthart: trockene Überwinterung (4 Monate) in Töpfen, nicht ausgepflanzt im Garten bis -20°C.
bedingt frosthart: trockene Überwinterung in Töpfen. Frostverträglichkeit bis -15°C, -10°C, -5°C.

Erdsubstrat
Grundsätzlich muss das Erdsubstrat extrem krümelig-sandig sein. Die Bestandteile entnimmt man aus der Umgebung. Feines Gesteinsgranulat, Bims, Sand, feiner Schotter und Lösserde vom Acker oder aus einer Baugrube. Dieser Erdanteil sollte max. 10 % – 15 % betragen. Dadurch besitzt die Substrat­mischung eine optimale Wasserdurchlässigkeit. Diese Substratschicht sollte ca. 20 cm hoch sein. Darunter sollte sich ein normaler durchwurzelbarer, lockerer Boden befinden. Cylindro­puntien und große Kugelkakteen können bis 1 m Tiefe verwurzeln. Eine Drainageschicht von 10 cm grobem Schotter in 40 – 50 cm Tiefe ist in sehr regenreichen Gegenden von großem Vorteil.

Geeignete Pflanzstellen
Es ist jeder Platz geeignet, der auch im Winter möglichst viel Sonneneinstrahlung erhält, frei ausgepflanzt oder in Gefäßen. Pflanzen in bedingt winterharter Kultur können mit wenig Sonneneinstrahlung, bei frostharter Kultur fast ohne direktes Sonnenlicht im Winter auskommen. Für ausgepflanzte, winterharte Kakteen eignen sich Hügelbeete oder nach Süden ausgerichtete Hanglagen besonders gut. In Gefäßkultur sollten die Gefäße ein Mindestvolumen von 4 l Inhalt aufweisen, damit immer eine ausreichende Dauerfeuchtigkeit vorhanden ist, auch ohne Regen oder Gießen. Große Betontröge für die Terrasse sind ebenso geeignet wie Blumenkästen für den Balkon oder einzelne, größere Blumentöpfe oder Schalen.

Auspflanzen von winterharten Kakteen
Kakteen fasst man wegen ihrer Dornen nicht mit bloßen Händen an, sondern benutzt Arbeitshandschuhe (nur eingefleischte Kakteengärtner arbeiten ohne Handschuhe).
Bei den Opuntien allerdings heißt das Motto: Anfassen verboten! Diese Pflanzengruppe besitzt sogenannte Glochideen. Das sind ca. 4 – 6 mm lange, haarfeine Dornen, die in Büscheln an der Basis der großen Stacheln sitzen. Sie fallen bei leichter Berührung ab und bleiben überall stecken. Die Oberfläche einer 5 mm langen Glochidee besteht aus ca. 1.000 harpunenartigen Widerhaken. Mit Glochideen verunreinigte Kleidung wie auch Handschuhe sollten unbedingt vernichtet werden, sonst bereut man es. Die Pflanzen dieser Gruppe werden ausschließlich mit Grillzange, Pinzette, Maurerkelle oder ähnlichem angefasst.

Gestaltung der Oberfläche eines Kakteenbeetes oder -gefäßes
Kugelkakteen sollten wegen ihres geringen jährlichen Wachstums max. im 3 – 4 fachen Abstand ihres Durchmessers gepflanzt werden. Diese Pflanzen eignen sich deshalb gut für Tröge, Schalen, Balkonkästen. Um die Pflanzen herum können verwitterte Hölzer oder schöne Steine gelegt werden. Für großwüchsige Opuntien benötigt man 0,5 – 1 m Platz pro Pflanze, Cylindropuntia imbricata und sehr große Platyopuntien benötigen eine Fläche bis 2 m Ø. In größeren Anlagen haben sich größere Baumwurzeln oder große Steine (40 - 100 cm) gut bewährt.
Alle Oberflächen, ob große Anlagen oder kleine Schalen können mit einer entsprechenden 1 - 5 cm starken Schicht aus Edelsplitt (ca. 4 - 8 mm Körnung) abgedeckt werden. Bei größeren Flächen eignen sich auch die Körnungen 0 – 32 mm oder 8 – 16 mm.

Als gut winterhart wurden von mir bis heute folgende Gattungen und Arten herausselektiert (die Artenliste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit):

Echinocereus: Aus dieser Gattung gibt es 9 Gruppen mit winterharten Pflanzen.
•   triglochidiatus − coccineus Gruppe: Diese Pflanzen stammen aus der südwestlichen USA und Nord-Mexico, meist aus Hochlagen von 1.500 bis 2.500 m. Durch ihren sprossenden Wuchs können sie große Gruppen bis über 1 m Ø mit Hunderten von Einzelköpfen von 3 - 7cm Ø bilden. Diese Pflanzen sind sehr robust und können ein- bis zweihundert Jahre alt werden. Blühfähig werden sie gegenüber allen anderen winterharten Kakteen allerdings erst im fünften bis achten Lebensjahr. Allen gemeinsam sind ihre meist zinnoberroten, 3 - 5 cm Ø erreichenden, leicht fleischigen Blüten, die bis zu vier Tage geöffnet bleiben.
Hierher gehören: Echinocereus triglochidiatus mit diversen Formen (monacanthus, gonacanthus); mojavensis, inermis; coccineus, v. paucispinus, v. „minor“.

•    caespitosus − baileyi Gruppe: Diese Pflanzen stammen überwiegend aus West-Oklahoma bis Texas. Sie haben kurze, meist anliegende Dornen und dunkelrosa bis pinkfarbene Blüten von 6 - 10 cm Ø. Nur baileyi v. albispinus blüht hell bis dunkelrosa. Die Pflanzen sind gruppenbildend mit 5 bis 20 Köpfen à 4 – 6 cm Ø bei einer Maximalgröße von 20 - 30 cm. Sie werden jedoch nur 20 bis 40 Jahre alt. Sehr blühfreudig.
Zu dieser Gruppe gehören Echinocereus „reichenbachii“, caespitosus, perbellus, baileyi, v. albis­pinus und weitere Formen.

•    viridiflorus − cylindricus Gruppe: Die Arten dieser Gruppe sind hauptsächlich in New Mexico bis Texas beheimatet. Einige Formen auch in Nord-Mexico. Es handelt sich um kleine, 3 - 5 cm große, überwiegend wenig sprossende Pflanzen aus Gebirgsstandorten. Sie besitzen kleine, 2 - 3 cm große, gelbgrüne bis orangefarbige Blüten und gehören zu den reich blühenden Formen mit bis zu 50 Blüten an einer Pflanze.
Zu dieser Gruppe gehören Echinocereus viridiflorus, chloranthus, cylindricus, weedinii.

•    engelmannii − fendleri Gruppe: Diese Arten sind bis heute recht heikel, obwohl es einzelne Pflanzen gibt, die problemlos die letzten zwanzig Jahre überlebt haben. Aufgrund ihres Herkunftgebietes, Trockengebiete der südwestlichen USA bis nördlichstes Mexico (1.000 bis 2.000 m), einer im Winter trockenen Gegend, sind diese Pflanzen sehr nässeempfindlich. Die Pflanzen sind gruppenbildend mit max. 20 – 30 cm Ø bei einer Einzelkopfgröße von 3 – 5 cm. Sie tragen pink­farbige, 6 – 7 cm große Blüten.
Zu dieser Gruppe gehören wenige fendleri-Formen und engelmannii v. variegatus.

•    x-roetteri, x-lloydii Gruppe: Hierbei handelt es sich um Naturhybriden aus West-Texas und angren­zenden Gebieten. Die Elternteile sind Ec. coccineus und verwandte Formen, gekreuzt mit gelb­blühenden Ec. dasyacanthus, teilweise Rückkreuzungen. Ein kleiner Teil (ca. 10 %) dieser Natur­hybriden ist von Natur aus winterhart. Die Blütenfarbe reicht von cremegelb über gelborange, rot, fleisch­­farben bis rosa. Blüten von 5 - 8 cm Ø. Die Pflanzen sind gruppenbildend und können im Alter eine Größe von 30 - 40 cm Ø erreichen.
Arten: x-roetteri, x-lloydii, x-rosei, x-guerneyi, x-octacanthus.

•    inermis Hybriden: gekreuzt mit Ec. caespitosus und Ec. baileyi. Gruppenbildende (bis 20 cm Ø), fast dornen­lose kleine Pflanzen von ca. 3 - 4 cm Ø. Sehr blühfreudig mit dunkelrosa bis violett-rötlichen Blüten von ca. 4 cm Ø.

•    coccineus und triglochidiatus Hybriden: gekreuzt mit Ec. caespitosus und Ec. baileyi. Gruppen­bildende Pflanzen mit Einzelköpfen von 5 -7 cm Ø, Gruppen im Alter 20 - 30 cm Ø. Gute Blüher mit Blüten von ca. 6 - 9 cm Ø in den Farben rosa, rötlich, pinkrot bis violett-rötlich.

•    viridiflorus − cylindricus Hybriden: gekreuzt mit Ec. caespitosus und Ec. baileyi v. albispinus. Kleine, gruppenbildende und langsamwachsende Pflanzen von ca. 3 - 4 cm Ø, Gruppen von  10 - 20 cm Ø. Starke Blüher mit vielen Blüten von  3 - 4 cm Ø in den Farben gelb, orange, rötlich, schmutzig rosa.

•    fendleri Hybriden: gekreuzt mit Ec. caespitosus. Relativ kleine, wenig sprossende und sehr lang­sam wachsende Pflanzen von ca. 5 - 6 cm Ø mit großen, pinkfarbigen Blüten von 8 - 10 cm Ø. Diese Hybriden konnten inzwischen weiter gekreuzt werden. Sehr gute Wintertauglichkeit.

Escobaria: Aus dieser Gattung gibt es 4 Gruppen winterharter Kakteen.
•      vivipara Gruppe: Pflanzen dieser Gruppe sind fast über die komplette USA und bis nach Süd-Canada hinein verbreitet. Demzufolge gibt es eine große Formenvielfalt. Die Pflanzen sind meist solitär mit 4 - 6 cm Ø und erst im Alter sprossend. Stark sprossende Formen sind erst durch Hybridisierung entstanden. Diese Formen scheinen auch größere Polster bis 30 cm zu bilden. Die pinkfarbigen Blüten haben einen Durchmesser von 4 - 5 cm. Die im August/September reifenden Früchte können zusammen ein größeres Volumen besitzen als die Pflanze selbst.
Zu dieser Gruppe gehören Escobaria vivipara, neomexicana, arizonica, kaiba­bensis, radiosa und weitere Formen.

•     sneedii − orcuttii Gruppe: Pflanzen dieser Gruppe sind speziell in West-Texas bis New-Mexico in 1.500 bis 2.000 m Höhe beheimatet. Allen gemeinsam ist ihr stark sprossender Wuchs aus kleinen Einzelpflanzen und kleine, sehr zahlreiche, silbriggelbe bis rosafarbige Blütchen von 10 - 15 mm Ø. Die kleinste Art, Escobaria leei, hat einen Pflanzen-Ø von 10 - 15 mm und bildet Polster bis 20 cm Ø. Einer der großwüchsigen Arten wie z. B. Escobaria orcuttii v. macraxima erreicht bei einem Durchmesser von ca. 6 cm eine Polstergröße von 30 – 50 cm Ø. Die widerstandsfähigsten Formen konnten durch Hybridisieren verschiedener Arten gewonnen werden.
Zu dieser Gruppe gehören Escobaria sneedii, leei, orcuttii, v. königii, v. macraxima, villardii, guadalupensis, sandbergi und viele Hybriden miteinander.

•     missouriensis Gruppe: Diese Pflanzen stammen aus den westlichen USA. Sie wachsen solitär oder stark sprossend mit einem Pflanzen-Ø von 4 - 6 cm. Sie bilden teilweise Polster von ca. 20 cm Ø, wobei alle Seitensprosse eine eigene Wurzel besitzen. Diese ist leicht rübenförmig und ermöglicht es den Pflanzen, sich im Winter unter die Geländeoberfläche zurückzuziehen. Dadurch besitzt die Pflanze eine extrem flache Wuchsform. Die Blüten sind silbriggelb mit rosa Stich und 4 - 4,5 cm groß. Die Früchte – 10 mm große, rote Beeren – reifen im folgenden Jahr kurz vor der Blütezeit.
Arten: Escobaria missouriensis, ssp. Caespitosa, v. inermis und weitere Formen.

•    sneedii − vivipara Hybriden: Die Pflanzen der sneedii − orcuttii Gruppe kreuzen sich mit allen Formen der vivipara Gruppe. Vielfältiger, intermediärer Habitus. Sie sind immer stark sprosssend und gruppenbildend bis 20 cm Ø. Die Blüten sind mittelgroß von 2 - 3 cm Ø und meistens kräftig rosa gefärbt. Einige Formen besitzen eine fast weiße Blüte.

Pediocactus simpsonii: Diese Art besiedelt den westlichen Teil der USA von der canadischen Grenze in Idaho bis nördliches New Mexico. Die meisten Standorte liegen in großen Meereshöhen von 2.000 bis 2.800 m. Fast alle Pflanzen haben einen solitären Wuchs bei einem Durchmesser von 5 - 10 cm. Sie blühen bereits Mitte April bis Anfang Mai mit rosa bis gelblichen Blüten von ca. 20 mm Durchmesser. Einzelne Formen zählen zu den absolut härtesten winterharten Kakteen. Diese Formen dürften problemlos im alpinen Bereich europäischer Gebirge wachsen. Viele der Formen sind leider nässeempfindlich im Sommer.

Opuntia: Aus dieser Gattung gibt es 6 Gruppen winterharter Kakteen mit überwiegend großwüchsi­gen Pflanzen von ca. 40 cm - 200 cm. Platyopuntia − Cylindropuntia.

•     Platyopuntien mit großen, flachen Trieben von ca. 10 - 15 cm, schwacher Bedornung und fleischi­gen Früchten. Pflanzen dieser Gruppe sind teilweise schon seit über 100 Jahren hier bei uns in Mitteleuropa in Freilandkultur. Ausgewachsene Pflanzen erreichen 1 - 3 m Ø. Einzelne Formen haben bis 20 cm große Einzeltriebe. Früchte faulen manchmal im Winter.
Arten: engelmannii, phaeacantha, cymochila, compressa, humifusa, erinacea, macrorhiza und diverse Varietäten dieser Arten.

•     Op. polyacantha Hybr.: Platyopuntien mit kleinen bis mittelgroßen, flachen Trieben von ca. 4 - 8 cm. Mit über­wiegend starker Bedor­nung und Trockenfrüchten. Bilden kleinere, dichte Polster von 20 - 40 cm Ø. Große Formenvielfalt der Hybriden in Triebgröße und Bedornung. Starke Blüher mit den Blüten­farben gelb, orange, rot, pink, rosa. Gute Pilzresistenz.
Fast alle reinrassigen Op. polyacantha Varietäten wie auch „trichophora-Formen“ sind pilzanfällig, Sommer wie Winter.

•    Op. basilaris und Hybriden: Klein- bis großtriebige Platyopuntia mit dornenlosen oder fast dornen­­losen Trieben (Hybriden). Teilweise gute Winterhärte. Bilden Polster von ca. 30 - 70 cm Ø. Triebgröße 3 - 10 cm Ø, Blütengröße: 5 - 7 cm Ø. Blütenfarbe: gelb, rosa, pink.
Arten und Formen noch im Test.

•     Op. fragilis Gruppe: Kleintriebige Gebirgspflanzen der Rocky Mountains mit ca. 2 - 5 cm großen Trieben. Bilden dichte Gruppen von 20 - 50 cm Ø. Teilweise gute bis starke Blüher mit Blüten von 5 - 7 cm Ø. Viele Hybriden und Formen mit unterschiedlicher Bedornung und Blütenfarben. Die meisten dieser Formen zeigen eine sehr gute Winterhärte.

•   Cylindropuntia imbricata: Große busch- bis baumförmige Pflanzen, die eine Höhe und Breite von 2 - 3 m erreichen. Runde Triebe von 3 – 4 cm Ø und 10 – 15 cm Länge. Blütengröße: 6 - 8 cm Ø. Blütenfarbe: dunkelrosa bis pink.

•    Cylindropuntia whipplei: Kleine Pflanzen von 20 - 60 cm Ø mit kurzen, keulenförmigen Gliedern (1 cm Ø und 5 - 10 cm Länge) und kriechendem Wuchs. Blütengröße: ca. 3 cm Ø. Blütenfarbe: gelb.
Hybriden mit Cylop. viridiflora.

Maihuenia: Kleine primitive Kakteen aus Süd-Argentinien mit kleinen, grünen, stielrunden Blättern und kurzen, kräftigen Dornen. Braungrüne Triebe mit ca. 1 cm Ø und 2 - 6 cm Länge. Stark sprossend und bis zu 2 m große Matten bildend. Sehr blühfaul. Große, weißgelbe Blüten von ca. 6 cm Ø. Nicht alle Klone sind winterhart.
Arten: poeppigii, valentinii, patagonica.

Austrocactus: Dünntriebige (2 - 3 cm Ø und 5 - 10 cm Länge), meist kriechend wachsende Pflanzen aus Süd-Argentinien mit gelblichen bis braun-rötlichen Blüten von ca. 3 - 5 cm Ø.
Arten: hibernus, coxii, intertextus, longicarpus, subandinus.

Bedingt winterharte bis frostharte Gattungen  und Arten
Diese Pflanzen werden in der Gärtnerei Winter-Kaktus Mitte November in einen ungeheizten Folien­tunnel mit beidseitig geöffneten Türen verbracht. Der Innenraum hat je nach Windrichtung eine ca. 2°C bis 6°C wärmere Innentemperatur. Ca. Ende Januar sind die 3 - 4 l Eimer fast durchgetrocknet. Ende Februar wird bei warmem Wetter erstmals wieder gegossen, so dass die Pflanzen bei Bedarf immer ausreichend Feuchtigkeit haben. Bei einer solchen Kultur lässt sich die Artenzahl vervielfachen.

Nordamerikanische Kakteen, frosthart bis -20°C
Coryphantha: echinus, macromeris.
Echinocereus: arizonicus, engelmannii-Formen, fendleri, ledingii, x-roetteri, x-lloydii, dasyacanthus, ctenoides, polyacanthus-Formen, longisetus-Formen, fiehnii, russanthus, carmenensis, nigrihorridispinus, munzii.
Epithelantha: micromeris.
Escobaria: minima, hesteri, dasyacantha, alle missouriensis Varietäten, alle vivipara Varietäten, alversonii, chaffeyi, alle sneedii Varietäten.
Mammillaria: saboe, wrightii.
Opuntia: Corynopuntia, Cylindropuntia, Micropuntia, Platyopuntia.
Hier gibt es eine ganze Reihe von Arten auf die z.  Zt. nicht näher eingegangen wird.
Pediocactus: alle Arten und Varietäten.
Sclerocactus: alle Arten (pilzempfindlich).

Südamerikanische Kakteen, frosthart bis -20°C
Denmoza: rhodacantha Mendoza über 2.500 m, erytrocephala, sp. Agua Negra 3.200 m.
Gymnocalycium: andreae, bruchii über 1.600 m, matzneteri, carolinensis, monvilley über 1.800 m, chacrasensis, neuhuberi, gibbosum, chubutense.
Maihueniopsis: darwinii, platyacantha, ovata, minuta, glomerata, andicola, conoidea.
Notocactus: submammulosus, sierragrandensis über 1.600 m.
Pterocactus: gonjanii, tuberosus, australis, hickenii, valentinii, araucanus, div. spec. nov.
Puna: clavarioides.
Soerensia: formosa Mendoza 3.000 m.
Pyrrhocactus: straussianus (Mendoza 3.000 m), div. spec. nov.